Reisebericht San Felice Circeo (Rom)  2004
Reiseteilnehmer: Herr Peter Heilmann
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Herr Peter Heilmann hat mir über seine Eindrücke einen eindrucksvollen Reisebericht übermittelt. Herzlichen Dank dafür! Herr Heilmann ist 1984 an Multipler Sklerose erkrankt und sitzt seit 1992 im Rollstuhl.

Reisebericht von Herrn Peter Heilmann, erhalten am 19. Oktober 2004:

Vorwort:  
Bei meiner Pflegestation arbeiten mehrere Italiener (innen). Ich war vor drei Jahren in Sizilien. Ich habe eine alte Schulfreundin, die nach Sizilien ausgewandert ist und dort geheiratet hat und fast jährlich in den letzten Jahren, wenn sie in Deutschland ist, ihre Mutter und auch mich besucht. 

Diese Dinge waren entscheidend für meinen Wunsch italienisch zu lernen und im Urlaub erneut nach Italien zu gehen. Ich kaufte mir einen Sprachkurs auf CD. 
Natürlich hätte ich auch das Begleitbuch dazu lesen, bzw. die Seiten im Buch umblättern müssen. Da ich meine Hände und meine Augen eingeschränkt krankheitsbedingt nicht mehr ausreichend bzw. gar nicht benutzen kann, kaufte ich mir ein Textumwandlungssystem, um die kopierten Seiten des Begleitbuchs in Textdateien umzuwandeln, und sie mir dann von meinem Sprachsystem vorlesen zu lassen. Ich scheiterte jedoch aus verschiedenen Gründen kläglich an der Ausführung dieses Vorhabens. 

Glücklicherweise lernte ich eine Frau kennen, die auf der VHS in Ludwigshafen Sprachkurse für italienische Mitbürger gab. Sie machte kurzerhand eine Art Crashkurses mit mir, d. h. Touristenitalienisch, es war ein Erfolg. Nun meinte ich, ich wäre bereit nach Italien zu gehen.

Urlaubsbericht:
Ich hatte gehört, dass es in der Nähe von Rom einen ähnlichen Urlaubsort wie "Mar y Sol auf Teneriffa" geben sollte. Mit der Suchmaschine "Google" fand ich das "Ferienzentrum Salvatore Avagliano". 

Nachdem die Anlage mit der zugehörigen Information sehr ansprechend war (im Preis inkl. Personenlifter, Toilettenstuhl und Abholung vom Flughafen) und zudem die Zimmerpreise zu akzeptieren waren, versuchte ich über das Internet einen günstigen Flugpreis für meine Begleitperson und mich zu buchen.

Unter www.billiger-reisen.de fand ich auch einen günstigen Flug, bei der auch ein Service für Schwangere, Behinderte und speziell Rollstuhlfahrern angeboten wurde. 

German Wings, eine Tochter der Lufthansa, bot günstige Flüge innerhalb Europa an. Der Chef meines Pflegedienstes war bereit, mich auch dieses Mal zu begleiten. Der angepeilte Termin (nach dem 13. September, dem Geburtstag meines Vaters) ging in Ordnung und ich freute mich die nächsten sechs Monate auf meinen Urlaub. 

Am 18. September war es dann so weit, der Flug ab Stuttgart war ab 15.55 Uhr, mein Begleiter kam um 10 Uhr, zwei Stunden Fahrt und ab ins Parkhaus.  
(Anm.: Parkhaus am Terminal Vorsicht: Wochenpreis und Entfernung zum Abflugterminal beachten).

Die Flugtickets gab's dann erst am Schalter (Personalausweis), die obligatorische Personen- und Gepäckkontrolle verlief anstandslos. Dann ging es ins Flugzeug. Vor den anderen Passagieren wurde ich abgeholt und als erster (nach dem Flugpersonal) ins Flugzeug getragen. Weitere zwei Stunden später landeten wir in Rom auf dem Flughafen Leonardo da Vinci (Fiumicino Airport). 

Dort musste ich als Rollstuhlpassagier natürlich warten, bis alle anderen Fluggäste das Flugzeug verlassen hatten. 10 Minuten später  kamen dann zwei italienische Sanitäter (nicht sehr kräftig) ins Flugzeug und hoben mich ächzend (ich bin nicht zu schwer, nur zu klein für mein Gewicht) aus dem Sitz und trugen mich zur Kabinentür, an der mich ein Hubwagen erwartete und aus dem Flugzeug holte.

Am Zielterminal sollten wir dann von einem Fahrer des Ferienzentrums abgeholt werden. Eine deutsche Rollstuhlfahrerin sagte, sie habe einen solchen Fahrer gesehen  und deutete auf einen braungebrannten, blonden, langhaarigen Mann vor der Eingangstür. Ich glaubte meine, in mühsamer Kleinarbeit (siehe oben) angeeigneten, Italienischkenntnisse zusammen, wurde aber gleich in perfekten Hochdeutsch gefragt, ob  wir die beiden Deutschen wären, die ins Ferienzentrum Avagliano wollten. 

Auflösung: Der Fahrer war ein italienischer Gastarbeiter aus Essen, der mittlerweile für das Ferienzentrum als eine Art Bademeister und Fahrer tätig war. Nach ungefähr zwei Stunden trafen wir dann in San Felice zum Abendessen ein. Die Küche, italienische Hausmannskost, wahlweise Rot- oder Weißwein, verwöhnte uns bis zum Urlaubende.

Spanische TreppeNoch am gleichen Abend meldeten wir uns für eine Fahrt nach Rom, ohne Führung, am nächsten Morgen (6 Uhr wecken) verbindlich an. Auch ein bisschen Reis als Entwässerungsmittel, da sich etwas Wasser in meine Hände eingelagert hatte, wurde mir zugesagt. Müde ging es dann am ersten Tag ins Bett. 

Die Fahrt nach Rom am nächsten Tag dauerte leider wiederum zwei Stunden (ursprünglich hieß es am Telefon fälschlicherweise knapp eine Stunde). 
Abholung in Rom war für 19 Uhr geplant. Ralf, mein Begleiter und ich genossen diesen Tag als Gang durch die Antike und Geschichte mit archäologischen Denkmälern ausgiebig. 

Leider öffnete der Himmel gegen 17.30 Uhr seine Schleusen. Wir flüchteten in ein Straßencafé unter einen Sonnenschirm, der dann auch recht schnell durchweicht wurde. Baden hatte ich mir wärmer vorgestellt. Mein Rollirucksack wurde durch und durch nass, die italienisch Sprachkursunterlagen waren endgültig unleserlich.

lauschige PlätzchenAm nächsten Tag durchforsteten wir die ungefähr 20 Gehminuten entfernte Stadt San Felice. Bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir kurz nach Sabaudia, einem Ort an dem die reicheren Einwohner ihre versteckten Villen in der Nähe eines großen stillen Wassers hatten. Sonntag und Montag mussten wir leider mangels Fahrgelegenheit am Strand verbringen. 

Salvatore, der Besitzer und Namensgeber des Ferienzentrums, ein sehr agiler Mann Anfang 70, entschuldigte sich und erklärte uns, dass, verursacht durch die vielen Billigflugangebote immer mehr Touristen ohne Autos in das Ferienzentrum kämen, und auch die, im Prospekt erwähnten Rombesuche und sonstige Fahrten in die nähere Umgebung durchführen wollten.

Er könne diesen Aufforderungen leider nicht mehr nachkommen, da er nur zwei Busse für 9 Personen, dabei höchstens 4 Rollstuhlfahrer,  zur Verfügung stellen könne. (hmn, hmn !?!). Am Donnerstag wäre routinemäßig ein Grillfest in der Anlage, zu dem ein Ministerpräsident aus Lazio eingeladen wäre, der dann entsprechend informiert werde und von dem man eine eventuelle finanzielle Zuwendung erwartete, um z. B.  für fehlende Fahrzeuge zu sorgen. 

Für Mittwoch schlug mein Begleiter Ralf vor, wenigstens die nahe gelegene Altstadt von San Felice oben auf einem Berg über einer Lagune anzufahren und uns drei Stunden später wieder abzuholen. Dies geschah dann auch vor Beginn des Grillfestes.

Beim Grillfest hatte dann eine Gruppe ihren Auftritt, die aus zwei Rollstuhlfahrern und drei Fußgängern bestand. Die Gruppe, Name übersetzt: "der gestohlene Rollstuhl " brachte ein Pottpurri aus aktuellen Hits europäischer Hitparaden in englischer und italienischer Sprache. Sie hatten eine stimmgewaltige, selbst im Rollstuhl sitzende, Sängerin. Der Auftritt dauerte bis ca. 23 Uhr, das gereichte Buffet war umfangreich und lecker. 

Der Ministerpräsident war nicht erschienen. Er hatte kurzfristig abgesagt (!?!) und tatsächlich etwas versäumt. Salvatore Avagliano bat aber um Unterschriften der Reiseteilnehmer und bekräftigte damit erneut seine Unermüdlichkeit Spenden zu sammeln bei den offiziellen Volksvertretern (Inhalt der unterschriebenen Ankündigung: wir warten weiter).

Baden im MittelmeerEin besonderer Tag war dann der Freitag nach dem Grillfest. Wir waren erneut an dem ca. 20 Minuten vom Ferienzentrum entfernten Strand. Bruno, der Bademeister und Fahrer setzte mich mit Hilfe meines Begleiters Ralf, nachdem der mir meine Badehosen in einer am Strand gelegenen Hütte angezogen hatte, in einen Rollstuhl mit sandgängigen Reifen (dicker als normal) und zog mich dann rückwärts über den Strand in das warme Meerwasser. 

Im Wasser angekommen zog er mir eine Schwimmweste über und ich trieb, seit 17 Jahren (!!!) wieder, im Salzwasser (der Koch kriegt einer Abmahnung: Suppe versalzen).  Ein weiterer Höhepunkt des Urlaubs. 

PetersdomSamstag konnten wir dann mit einer Reisegesellschaft aus Ostdeutschland noch einmal nach Rom fahren und nahmen an einer Führung durch den Petersdom und die Basilika San Giovanni in Laterano teil. 

Diese Führung war sehr umfangreich und deutschsprachig, so dass wir eine Menge über Architektur und den Baumeister Leonardo da Vinci erfahren konnten. In diesem Umfang hätten wir die Informationen aus dem Reiseführer bestimmt nicht herauslesen können. Gegen 14 Uhr fuhren wir dann wieder zwei Stunden ins Ferienzentrum zurück. Abends gingen wir dann in die "Topsybar" und feierten feuchtfröhlichen Abschied. 

Sonntag war dann leider schon wieder Packtag. Mittags wurden wir im Ferienzentrum abgeholt und nach Rom gefahren. Dort angekommen absolvierten wir das übliche Procedere vor dem Einchecken. Ein Mitglied des Flughafenpersonals wurde extra abgestellt um uns zu unseren Abflugschalter zu bringen. Schalter 19 zeigte Abflug nach Stuttgart ca. 17.10 Uhr. Er sprach mit den Damen am Schalter, sie sollten eine Hilfe zum Einsteigen anfordern und gab uns zu verstehen, dass wir ca. 20 Minuten vor dem Abflugtermin an diesem Schalter eintreffen sollten, um dann mit einer Hilfe ins Flugzeug zur gelangen. Wir gingen noch einen letzten "Café latte" trinken und trafen rechtzeitig wieder an Schalter 19 ein. Italienische Spezialität: Abflug geändert Schalter 18.

Das Einchecken begann, Hilfe war weit und breit keine zu sehen. Niemand hatte dem Hilfspersonal mitgeteilt, dass der Abflugschalter an dem der Rollstuhlfahrer Hilfestellung benötigte umgeändert worden war, alle Passagiere wurden vor mir in das Flugzeug gelassen und ich musste ca. 20 Minuten warten bis die Hilfe endlich auftauchte und mich wie bei der Ankunft in einen Hubwagen setzte, zum Flugzeug fuhr und einlud.

"last in" war die knappe Ankündigung der Chefflugbegleiterin, die uns dann auch noch zum Sitzplatz brachte in den mich das Begleitpersonal hineinwuchtete. Zwei Stunden später mit 20 Minuten Verspätung (Begründung s. o.) landeten wir dann in Stuttgart. 

Mein Auto haben wir dann für 160 € !!!  (man beachte die Anm. am Anfang) ausgelöst und sind zwei Stunden später braungebrannt, müde aber sehr glücklich  in Ludwigshafen angekommen. Leider vorerst Ende dolce vita.

Fazit:
in gemütlicher RundeDieser Urlaub ist  Rollstuhlfahrern zu empfehlen, die auch einmal ans Mittelmeer möchten, im September Urlaub machen (Hitze sonst mörderisch) und italienische Küche genießen möchten; nicht unbedingt nur auf Mitfahrgelegenheiten des Veranstalters angewiesen sind, das Ferienzentrum Nähe Rom nicht mit Teneriffa gleichsetzen (etwas älter aber gemütlich), freundliche Bedienungen erwarten und das wunderbar angelegte Ferienzentrum und den Garten genießen können. 

Italienischkenntnisse sind nicht unbedingte Voraussetzungen für dieses Ferienzentrum, aber wünschenswert für die Ausflüge in die Umgebung.

Peter Heilmann

Rückfragen zum Reisebericht sind jederzeit unter möglich. 

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