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Norwegen mit dem Bus

Busreise in die Heimat der Wikinger

Reiseteilnehmer: Herr Peter Heilmann

Herr Peter Heilmann hat mir über seine Eindrücke einen eindrucksvollen Reisebericht übermittelt. Herzlichen Dank dafür! Herr Heilmann ist 1984 an Multipler Sklerose erkrankt und sitzt seit 1992 im Rollstuhl.

Reisebericht von Herrn Peter Heilmann, erhalten im September 2005:

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Busreise in die Heimat der Elche, Rentiere, Wikinger und Trolle

Wie schon berichtet war ich im Jahr 2004 in Rom und machte dort die Bekanntschaft der Firma Eberhardt Busreisen. Da diese Firma Reisen für Behinderte und Nichtbehinderte in Europa anbietet, informierte ich mich im Jahr 2005 welche Reisen anstehen. Das Unternehmen hatte schon in Rom einen guten Eindruck hinter lassen und achtet sehr umfangreich und ausgiebig auf Ansprüche bzw. erforderlichen Notwendigkeiten ihrer behinderten Reiseteilnehmer.

Aus den Angeboten interessierte mich besonders eine Norwegen-Rundfahrt. Der Chef meines Pflegedienstes war sofort bereit mich wieder zu begleiten. Firma Eberhardt kümmerte sich zwar um die behindertengerechten Unterkünfte, um spezielle Sondereinrichtungen bzw. Hilfsmittel müssen natürlich die Mitfahrer selbst sorgen.

Einen Toilettenstuhl, der in fünf Teile zerlegbar ist, besorgte ich neu und sehr preisgünstig. (unter 80 €) im Internet, meinen Personenlifter kann man in zwei Teile zerlegen und ich erhielt die Zusage vom Busunternehmen, dass diese beiden Teile mitgenommen werden können und ich auf dem Weg zur Fähre nach Kiel zusteigen sollte.

Von Firma Eberhardt wurde mir die E-Mail-Adresse des Hotels genannt, das behindertenfreundlich war und ich buchte ein Doppelzimmer für die Nacht vor der Abfahrt nach Kiel, mein Fahrzeug sollte auf den Parkplatz vor dem Hotel für die Dauer des Urlaubs abgestellt werden. Am 13. Juli war es dann so weit. Morgens um 5.30 Uhr kam eine Angestellte meines Pflegedienst zu mir und machte mich reisefertig. Ralf traf dann gegen 9.30 Uhr ein.
Bei hochsommerlichen Temperaturen fuhren wir morgens um 10 Uhr Richtung Neumünster (ca. 640 Kilometer von Ludwigshafen) mit meinem Auto ab. Ralf setzte mich aus dem Rollstuhl auf den Beifahrersitz meines Fahrzeuges, das ich normalerweise nur durch die Hintertür befahren kann (umgebauter Fiat fiorino). Mit einem Haltegurt aus dem Sanitätshaus wurde ich auf den Beifahrersitz festgeschnallt und los ging es.

Die Fahrt nach Neumünster war kein Zuckerschlecken (zum Glück hatte ich mein Druckluftkissen ...), aber gegen 19 Uhr kamen wir ziemlich erschöpft in Hotel an. Dieses war dann zwar, wie bereits gesagt, behindertenfreundlich, die Zimmer groß und mit großen Toilettenplatz und Duschraum sowie breiten Eingangstüren, aber die Betten waren leider nicht unterfahrbar und Ralf musste mal wieder seine Muskeln spielen lassen.

Am nächsten Morgen klingelte um 7 Uhr der Wecker. Morgentoilette, Frühstück und Abrechnung der Übernachtung waren schnell erledigt und gegen 10.30 Uhr kam der Bus von Dresden über Berlin nach Neumünster.

Auf nach Norwegen...

Mit einem Aufzug (!) ging es dann in den Bus und ich wurde vom Reisebegleiter der Firma Eberhardt und meinen Pfleger auf einen normalen Sitz im Bus umgesetzt. An der Decke des Busses war auch eine Laufschiene für einen Sitz, mit dem man bis vor dem Fahrersitz hätte geschoben werden können. Im Bus war auch eine Toilette, die mit diesem Laufschienensitz erreicht werden konnte.

Der erste Eindruck von den anderen Gästen war positiv, ca. 40 Leute zwischen 33 und 60 Jahren, ungefähr die Hälfte selbst Rollstuhlfahrer mit Begleitpersonen bzw. Familienangehörigen. Die Fahrt nach Kiel dauerte nicht lange und kurz nach der Mittagszeit waren wir am Pier und wurden umgehend auf die Fähre gelassen.
Die Fahrt über die ruhige Ostsee unter blauem Himmel war ein gelungener Einstieg in den Urlaub. Schade war nur, dass wir die Durchfahrt unter der Brücke zwischen Dänemark und Skandinavien (Öresund-Brücke) nicht fotografieren konnten, weil ausgerechnet um die Zeit der Durchfahrt das Abendessen gereicht wurde.

Abbildung: bequemer Einstieg in den Bus -

Erste Eindrücke...

Die Koje auf dem Schiff war klein (ca. 9 qm). Ein Bett war an der Wand hochgeklappt, ein zweites war ein ausziehbares Sofa, ausreichend für eine Nacht (Muskelkraft s. o.). Am nächsten Morgen gegen 9.30 Uhr landeten wir in Oslo und bestiegen den Bus.

Über die malerische Hardanger Vidda (linkes Bild) durch Schneefelder in knapp über 1000 Meter gelangten wir zum Hotel Vöringfossen am Eidfjord, der sich hinter dem Hotel öffnete (rechtes Bild).

Dieses Hotel, auch ein längerer Aufenthalt hätte sich hier schon wegen der Ausstattung gelohnt, war in den nächsten Tagen Ausgangspunkt für unsere Tagesreisen. Die Zimmer hatten einen großen Duschplatz, große Türen und unterfahrbare Betten. Frühstück wurde jeden Morgen ab 7 Uhr gereicht.

Gleich am nächsten Tag fuhren wir in die zweitgrößte Stadt des Landes, nach Bergen. Diese Stadt an der Westküste war neben Oslo während der Zeit der Hanse Anlegeplatz und Handelsplatz für die Seeschifffahrt.

Leider wurde ein Großteil der Holzhäuser in den letzten Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges ein Raub der Flammen. Der Wiederaufbau der Häuser geschah im gleichen Stil wie die noch vorhandenen, aus Holzbrettern errichtet und teilweise mit Rasenfläche bedeckt (manche Ziege graste darauf).

Abbildung: mit Klick vergrößern... -

Firma Eberhardt hatte eine deutschsprachige Reiseführerin engagiert, die uns über bauliche Gegebenheiten und Geschichte der Stadt Bergen informierte. Ein Wochenmarkt mit diversen Fischbeständen und natürlich auch Mitbringseln für Touristen (Trollfiguren, Felle von Rentieren, Kleidern und Heimwerkerartikeln) war sowohl gut für den Magen als auch gut zum Kaufen von Andenken für die Daheimgebliebenen.

Informationen...

Die Tagesausflüge dauerten jeden Tag mindestens bis 19 Uhr (siehe unten). Abends ab 19 Uhr wurde das Abendessen gereicht und hier wurden wir zum ersten Mal negativ überrascht. Ein Glas Bier 0,5 l kostete sage und schreibe 55 norwegische Kronen (ca. 8 €), ein Glas Wein und ein Glas Wasser kam schon auf 12 €!!!

Zum Glück sind weder Ralf noch ich Alkoholiker und es gab ja dann immerhin noch Schätze aus dem akzeptierten Eigenbedarf. Die Mehrwertsteuer in Norwegen beträgt 25 Prozent.

Norwegen hat nicht nur in diesem Teil des Landes eine Unmenge von Fjorden, Wald, Seen und Wasserfällen (Natur pur). In den nächsten Tagen unternahmen wir diverse Tagesausflüge, das hieß aber morgens 5.30 Uhr aufstehen, 7 Uhr Frühstück, 9 Uhr Abfahrt und 19 Uhr Rückkunft im Hotel.

Ausflüge...

Kleine Ansichten mit Klick vergrößern...

Unsere Tagesreisen führten in ein Museum für Wasserkraftwerke mit Führung, Stauseen und Unterkünfte des Volksstammes der Samen. Am vorletzten Tag fuhren wir morgens um 9 Uhr nach Oslo zurück und übernachteten in einem behindertengerechten *****-Hotel mit gläsernem Außenaufzug.

Am letzten Tag nahmen wir an einer Führung durch Oslo teil, sahen den Vigeland-Park mit den Skulpturen von August Vigeland, der eindrucksvoll den Menschen in verschiedenen Lebensstufen darstellte. In diesem Park überraschte uns auch der einzige Regenschauer des Urlaubs.

Rückfahrt...

Gegen 14 Uhr "enterten" wir die Fähre nach Kiel und mussten wehmütig Abschied von Norwegen nehmen.

Dieser wurde uns durch die Fähre „MS Fantasy“ des Unternehmens „Color line“ wenigstens etwas versüßt, ein 13-stöckiges Schiff mit einer Superausstattung. Die Kabinen waren doppelt so groß wie die auf der „Kronprinz Harald“ bei der Hinfahrt, extrem großes Bullauge inklusive.
Der Motor des Schiffes summte im Flüsterton, im Gegensatz zu der brüllenden Klimaanlage des Schiffes bei der Hinfahrt.

Merke bei Abwicklung durch „Color line“: gerade Tage = MS Kronprinz Harald, ungerade Tage = MS Fantasy.

Wir landeten in Kiel gegen 10.30 Uhr des nächsten Tages und wurden von dort durch das Busunternehmen sicher nach Neumünster gebracht. Wir verabschiedeten uns tapfer von den Mitreisenden und dem Buspersonal und machten uns auf den Weg nach Hamburg, den nächsten Ziel unserer Reise.

Hamburg...

Im Internet hatte ich das Stadthaushotel in Hamburg ausfindig gemacht und dort gebucht.
Ein drei Sterne Hotel mit angeschlossener Gastronomie, das von Behinderten und Nichtbehinderten fachmännisch geführt wird und nicht weit von der Reeperbahn entfernt liegt (1,6 km).

Gegen 16 Uhr trafen wir ein. Die Angestellten waren freundlich und hilfsbereit. Die Zimmer waren schön groß und wir konnten uns für den Abend bereit machen.

Abbildung: Stadthaushotel - (mit Klick vergrößern)

Ich hatte bereits im Februar zwei Karten für eine Vorstellung in Schmidt's Tivoli gekauft (Geburtstagsgeschenk für Ralf) und so besuchten wir eine gelungene, kabarettistisch leicht frivole Vorstellung die bis gegen 23 Uhr ging.

In den nächsten Tagen besichtigten wir die Landungsbrücken, die Reeperbahn, die Speicherstadt (viel Kopfsteinpflaster!!!...) und machten noch eine Rundfahrt durch den Hafen.
Der Fischmarkt für Touristen findet nur sonntags morgens ab 3 Uhr statt, für Geschäfte und Restaurants natürlich öfter.

Ritze (Wirtschaft), Reeperbahn und Milieu sind Zugpferde für Touristen aus vielen Ländern. Die nächsten Tage zeigten typisch Hamburger Wetter, bewölkt, nieselnd aber auch sonnige Abschnitte.

Abbildung: Schmidt's Tivoli - (mit Klick vergrößern)

Fazit:

Firma Eberhard Busreisen plant Urlaube für Personen mit und ohne Handicap sehr ausführlich und gewissenhaft. Die Reisen sind den Preis wert.

Norwegen ist für Motorradfahrer, Wanderer, Camping-Urlauber und Naturliebhaber ein absolutes Muss. Wie jede andere Reise muss man sich auch hier die erforderlichen Hilfsmittel besser selbst mitnehmen. Vor Ort ist zwar manches Behindertenfreundlich aber nicht unbedingt –geeignet

Peter Heilmann

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